News & Trends

Der nächste Harry Potter schreibt der Computer

Wie künstliche Intelligenz unser Leben verändert. 

EHER GRUSELIG ODER EINFACH MAGISCH?

Künstliche Intelligenz macht ihrem Namen so langsam alle Ehre und ersetzt nicht nur einfache Jobs, sondern entwickelt sich zum Kopfarbeiter mit Kreativambitionen. Ob perfekte Rembrandtbilder, Drehbücher, Musik, Zeitungsartikel oder gar ein neues Harry-Potter-Kapitel: Oft ist nicht mehr zu unterscheiden, ob Mensch oder Maschine das Copyright besitzen, wie Wissenschaftler feststellten. Magisch wird es vielleicht erst, wenn künstliche Intelligenz uns bei echten Problemen dieser Welt helfen kann. 

«STUPOR, AUTOREN!»

Da kommt er, der Schockzauber, der viele erstarren liesse. Vorbei die Zeiten, wo sich Kreative mit der Tarnkappe vor der technikgetriebenen Zukunft verstecken konnten. Mensch oder Maschine? In der Hexenküche der Neuronenvernetzung und der lernenden Algorithmen brodelt es gewaltig. Künstliche Intelligenz imitiert das menschliche Gehirn, erkennt Zusammenhänge und kann datenbasierte Entscheidungen treffen.

Ein Algorithmus schreibt ein neues Harry-Potter-Kapitel!

Botnik, ein Start-up in New York, entwickelt eine Schreibsoftware, die in der Lage ist, Songtexte, Filmtexte und auch Romane fortzusetzen. Die Technik dazu heisst «Predictive Writing». Das ist vorausschauendes Schreiben, das wir beim Smartphone vom Auto-Vervollständigen kennen. Für das Harry-Potter-Projekt «coachte» man den Computer mit allen sieben Bänden. Das Ergebnis war beeindruckend, aber Sätze wie: «Harry schaute sich um und fiel dann die Wendeltreppe für den Rest des Sommers herab» zeigen, wo (momentan) noch die Grenzen liegen.

SCHREIBT DER ROBOTER DIESE ZEITUNG?

Kris Hammond von Narrative Science verkündete vor ein paar Jahren, dass 2016 der erste Computer einen Pulitzerpreis bekommen würde. Nun, im Jahr 2018 wird Ausgezeichnetes immer noch von AutorInnen geschrieben. Und doch, die Buchstaben der Zukunft stehen in computergeneriertem Inhalt. So haben beispielsweise Zeitungen in Grossbritannien begonnen, von Softwareprogrammen und Journalisten gemeinsam verfasste Artikel zu veröffentlichen. Dahinter steckt ein von Google finanziertes Projekt. Die Firma Urbs Media entwickelte dafür die Software.

Journalist und Roboter – ein neues Dreamteam.
Die benutzte Software durchsucht nationale Datensätze und baut interessante und regionale Statistiken in die Textbausteine ein. Toby Granville, Editorial-Entwickler bei Newsquest, einer britischen Zeitungsgruppe, die die teilautomatischen Artikel in vielen ihrer Titel schon veröffentlicht, ist davon überzeugt, dass sich diese Methode JournalistInnen den Rücken freihält und lokalen Inhalt liefert, den diese mangels Recherchezeit gar nicht leisten können.

Auch Michelle Stanistreet, Generalsekretärin des Nationalen Journalistenverbandes, steht dem neuen Kollegen positiv gegenüber, sieht die Soft ware als «nützliches Werkzeug» und beteuert, dass letztendlich der Journalist verantwortlich sei, was veröffentlicht werde und ob Kontext und Analyse stimmten.

WIE KOMMT DAS GESCHRIEBENE AN? 

Eine Studie der Ludwig-Maximilians-Universität München zeigte, dass LeserInnen zwischen von Journalisten oder von Software geschriebenen Texten nicht unterscheiden konnten. Noch interessanter ist allerdings die Tatsache, dass man Texte von echten Menschen zwar lieber las, die computergenerierten Texte jedoch glaubwürdiger fand. Die Forscher erklärten dies mit der grösseren Anzahl von Zahlen und Fakten im Text.

Die «New York Times» zum Beispiel erkennt, von wo aus LeserInnen auf ihre Onlineseite zugreifen und liefert computergesteuert dann die Fakten zur jeweiligen Region.

Automobilhersteller, Zulieferer und IT-Unternehmen sind sich einig: Autonomes Fahren und E-Mobilität, gesteuert von künstlicher Intelligenz, werden kommen. Die Vorteile haben Vorfahrt: Vorausschauende Fahrweise, vernetzte Routenoptimierung in Echtzeit und gesteuertes Bremsen und Beschleunigen senken Energieverbrauch und Schadstoffemissionen. Fahren-on-Demand, Fahrgemeinschaften übervernetzte Communitys und E-Fuhrparks von Unternehmen definieren eine neue, umweltverträgliche Mobilität.

SMARTE FARMEN, KLUGE STÄDTE, KALKULIERBARE KATASTROPHEN

Künstliche Intelligenz fällt in der Landwirtschaft auf fruchtbaren Boden. Durch Datenaufzeichnung können Computerprogramme exakte Voraussagen über Schädlinge, Krankheiten und Wetter, aber auch über Angebot und Nachfrage treffen. So werden Menge und Zeitpunkt von Wasser,- Dünge-, Schutzmittel- und Futtermitteleinsatz verringert und die Effizienz erhöht. Eine positive Ernte für Ressourceneffizienz und Umwelt, aber auch für die rasant wachsende Bevölkerung. 

Vom Land in die Stadt: Echtzeitdaten zu Energie, Wasserverbrauch, Verkehrs- und Menschenströmen werden als «städtisches Dashboard» das urbane Leben angenehmer und nachhaltiger machen. Wetter, Katastrophen und andere Extremereignisse können in Desaster-Simulationen trainiert und korrekter vorausgesagt werden, so dass die Reaktionen darauf besser koordiniert und umgesetzt werden können. Bleibt nur eine Frage: Wer hat diesen Text geschrieben – Mensch oder Maschine?

KENNEN SIE BYTEDANCE?

Bytedance ist eines der am schnellsten wachsenden Start-up-Unternehmen in China. Allein 2017 verdoppelte sich sein geschätzter Wert von zehn auf zwanzig Milliarden Dollar.
Bytedance, mit Hauptsitz in Peking, wird inzwischen nach Baidu und Alibaba als der nächste Tech-Gigant Chinas gehandelt. Die App «Toutiao», das Herzstück von Bytedance, sammelt und ordnet Inhalte aus über 4’000 Mediendiensten und erstellt für jeden Nutzer individuell kombinierte Informationen. Eine künstliche Intelligenz erkennt dessen Vorlieben und Interessen und errechnet daraus einen News-Algorithmus. Die Informationen und Anzeigen stellen Roboter zusammen – und nicht Redakteure.

GLOBALANCE FOOTPRINT – KÜNSTLICHE INTELLIGENZ

Footprint gehört das Abwägen von positiver und negativer Wirkung. Das heisst für künstliche Intelligenz: Die Aussicht auf smarten Umgang mit knappen Ressourcen wie Boden, Wasser oder urbanem Raum ist positiv. Eine Manipulation der öffentlichen Meinung durch News-Algorithmen ist negativ. Gerade im Umgang mit den ökologischen oder gesellschaftlichen Herausforderungen kann der Einsatz künstlicher Intelligenz neue, smarte Lösungen ermöglichen.

DAVID HERTIG
Gründungspartner & Leiter Anlagen

David Hertig über Zukunftbeweger im Bereich künstliche Intelligenz (AI):

Infineon entwickelt Sensortechnologien (Lidar und Radar), die für das autonome Fahren entscheidend
sind.

NVIDIA profitiert als einer der grössten Entwickler von Prozessoren direkt vom AI-Boom bzw. der
Nachfrage nach Rechenleistung. Splunk ist ein globaler Weltmarktführer für Technologien zur Big-
Data-Auswertung.

Apple arbeitet an einem neuen AI-Chip, Apple Neural Engine, der Sti mm- und Gesichtserkennung
revoluti onieren soll.

CarbonX ist ein chinesisches Start-up im Bereich Gesundheit: Mitt els Big Data im Bereich genetischer und
physiologischer Daten leitet es personalisierte Gesundheitsempfehlungen für Patienten ab.