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Die Kontrolle über Daten
Wie wir die Datenflut kanalisieren könnten
Wir können uns gut fünf Liter vorstellen oder zwei Kilogramm abschätzen. Bei der Datenmenge von 175 Zettabyte müssen aber vermutlich die meisten von uns passen – eine Masseinheit fürs Masslose. Die 175 mit 21 Nullen beschreibt das geschätzte weltweite Datenvolumen bis zum Jahr 2025. Würden wir diese Menge auf herkömmliche DVDs speichern, würde der Stapel mit den Datenträgern von der Erde bis zum Mond reichen – ganze 23 Mal. So vage die Vorstellung von der Datenmenge ist, so vage ist das Wissen über deren Verwendung. Wo landen unsere Daten? Und weshalb nutzen wir sie nicht sinnvoller?
Wir suchen über Google nach Karten fürs Theater oder prüfen die neusten Urlaubsangebote. Nicht selten poppen Warnhinweise auf, die unsere Zustimmung oder Ablehnung benötigen. Häufig als lästig empfunden, wird rasch auf «Akzeptieren» geklickt. Das Tracking der eigenen Internetbewegungen beginnt und im Hintergrund werden fleissig sogenannte Cookies gesammelt – kleine Dateien, die unser Verhalten im Netz analysieren.
Das neue Gold
Handeln wir unwissend oder ist es uns egal? Denn inzwischen ist allseits bekannt, dass bereits die Nutzung der gängigen Social-Media-Kanäle ein Anvertrauen der eigenen Daten an die Tech-Konzerne ist. Die wiederum machen ein neues Milliardengeschäft daraus. Daten – das Gold des 21. Jahrhunderts. Doch auch wir als Gesellschaft können von diesem digitalen Schatz profitieren. Oder sollten es sogar unbedingt, wenn es nach Francesca Bria geht. Die Präsidentin des italienischen Innovationsfonds, Chefberaterin der Vereinten Nationen für digitale Städte und Ideenentwicklerin für Barcelona und Hamburg erkennt, dass wir aktuell noch zu häufig doppelt bezahlen: indem wir unsere Daten umsonst abgeben und später für die Dienstleistungen bezahlen, welche die Tech-Firmen daraus entwickeln. Sie fordert, das Eigentum an Daten zu demokratisieren und es für die Verbesserung des Gemeinwohls zu nutzen.
Handeln wir unwissend oder ist es uns egal?
Das Beispiel Barcelona
Bereits 2015 wurde Francesca Bria Mitglied der Stadtregierung von Barcelona und hatte für die nächsten Jahre die Intention, den Bürger*innen die «Kontrolle über die Daten» zurückzugeben und statt privater Profite öffentliche Werte zu erzeugen. Barcelona sollte grüner und zukunftsfähiger werden – eine richtige Smart City. Doch es wurde nicht wie gewohnt hinter verschlossenen Türen geplant und verhandelt, sondern gemeinschaftlich mit der Bevölkerung. Mittels digitaler Bürgerbeteiligungsplattform konnten 400’000 Einwohner*innen die Ziele der Politik mitdefinieren. Wünsche wurden rasant umgesetzt und das Bild der Stadt veränderte sich zusehends nach den Bedürfnissen der Bürger*innen. Es entstanden immer mehr sogenannte «Data Commons», was sich mit «Allmend der Daten» übersetzen lässt.
Diese Daten werden von aufgeklärten Bürger*innen zur Verfügung gestellt und befinden sich im Gemeinbesitz. Die in den Städten erzeugten Daten sollten nicht Unternehmen, sondern allen Menschen und Städten zur Verbesserung der öffentlichen Dienste und Infrastrukturen dienen. Selbst bei Kooperationen mit Unternehmen hielt Barcelona die Datensouveränität im Auge und verpflichtete die Auftragnehmer*innen, erhobene Daten an die Stadt und für das Gemeinwohl abzugeben. So können auch Daten von Leihfahrrädern, der Abfallentsorgung oder der Internetnutzung in Zukunft zur Optimierung herangezogen werden.
«Big Democracy» statt Big Tech
Dieser Weg der digitalen Demokratie stellt einen Gegenentwurf zur bisher blinden Datenabgabe dar. Wenn der Gesellschaft die positiven, aber auch negativen Einflüsse der Digitalisierung auf das tägliche Leben verständlicher gemacht werden, kann sie sich proaktiv beteiligen. Laut der Pionierin Francesca Bria sollen die Bürger*innen frei über das Mass der Anonymität entscheiden und ihre Daten ganz nach ihrem Gusto zum Wohl der Gemeinschaft und Entwicklung zur Verfügung stellen können – oder eben nicht. Gerade für Europa ist das in ihren Augen eine grosse Chance, die Daten am Ort der Entstehung zu verwerten und sich nicht von den Tech-Giganten abhängig zu machen.
Die Globalance-Sicht
Heute kann man noch nicht direkt in die Schaffung eigentlicher «Data Commons» investieren. Globalance schaut dennoch genau hin, wie Unternehmen mit den Daten ihrer Kund*innen umgehen. Gerade bei Technologiefirmen erhalten die Kriterien «Datenschutz» und «Privatsphäre» grosses Gewicht. Wir erkennen die Menge der erfassten personenbezogenen Daten und prüfen das Risiko von Datenschutzverletzungen. Globalance befürwortet grundsätzlich auch die europäischen Bemühungen zur umfassenden Neuordnung unseres digitalen Raums.