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Ein eigenes Auto brauchts nicht mehr
Auf bestem Weg zur All-inclusive-Mobilität
Zu Hause nutzen wir Netflix – eine überwältigende Filmauswahl zum Festpreis. Spotify liefert uns Musik aus unterschiedlichsten Genres, abgestimmt auf jede Stimmungslage, und auch hier zahlen wir pauschal. Abos begegnen uns im Alltag vielerorts, warum nicht auch bei der Fortbewegung?
Weltweit sind heute etwa 1.3 Milliarden Autos in Betrieb. Im Privatgebrauch stehen sie aber die meiste Zeit in der Garage oder auf öffentlichen Parkplätzen. Das Gefühl von Freiheit und uneingeschränkter Mobilität wird nur mangels Alternativen im Auto-Eigenbesitz gesehen. In Anbetracht der Tatsache, dass gut 25 Prozent der Treibhausgasemissionen auf die Mobilität zurückzuführen sind und bis 2050 knapp 70 Prozent der Gesamtbevölkerung in Städten leben werden, benötigen wir Alternativen. Das neue Klimaticket in Österreich zeigt eine mögliche Richtung auf — für EUR 1’095 ein Jahr lang mit dem ÖV durch das ganze Land.
Bis 2050 werden 70% der Gesamt-bevölkerung in Städten leben.
Doch die Mobilitätssysteme sollen künftig noch deutlich nachhaltiger, widerstands- und anpassungsfähiger gestaltet werden. Der Zukunftsplan ist klar definiert: Bürger*innen sollen über eine integrierte Serviceplattform bequemen und sofortigen Zugang zu einer breiten Palette massgeschneiderter Mobilitätsdienste erhalten. Mobility-as-a-Service (MaaS).
Mehr Flexibilität, weniger Eigentum
Das Smartphone dient heute als wichtigstes Gerät für die Information und Buchung von Fortbewegungsmitteln. Doch bisher gibt es noch kaum einheitliche Lösungen, die unterschiedliche Verkehrsmittel übergreifend nutzbar machen. Mobility-as-a-Service bietet das Potenzial für ein verbessertes Mobilitätserlebnis und mehr Flexibilität. Das Ziel sollte sein, eine Vielfalt verschiedener Mobilitätsoptionen anzubieten, sodass für jede*n etwas dabei ist. Vom Velo über das Taxi zu Bus, Bahn und E-Roller.
Ausgereifte MaaS-Systeme stecken zwar noch in den Kinderschuhen, eine deutliche Beschleunigung der Einführung ist aber erkennbar. In den letzten zwei Jahren wurden weltweit neue Entwicklungen auf den Weg gebracht — häufig aber noch in der Pilotphase mit begrenzter Abdeckung. In Zürich, Basel und Bern bietet «yumuv», ein Projekt der Schweizerischen Bundesbahnen in Kooperation mit der ETH, eine Bandbreite an Monatsabos für die sogenannte intermodale Fortbewegung.
Das «MaaS in Skåne»-Vorhaben deckt den südlichsten Teil Schwedens ab, «Tohoku MaaS» der Eastern Japan Railway Company bietet flexible Mobilität in über sechs Präfekturen und «Renfe as a Service» erprobt Mobility-as-a-Service auf dem Bahnkorridor Madrid-Barcelona. Die preisgekrönte App «Whim» möchte sogar das Reiseverhalten zugunsten nachhaltiger Verkehrsmittel über Landesgrenzen hinweg revolutionieren.
Ein Abo kann beispielsweise unbeschränkte ÖV-Nutzung, 150 Minuten Mietvelos und 1 Stunde Taxifahrt enthalten.
Der Umwelt zuliebe
Die Verschiebung von der privaten Autonutzung zu nachhaltigeren, gemeinsam genutzten Verkehrsmitteln bietet das Potenzial für weniger Staus und Autofahrten in den Städten. Wäre das tatsächlich ein weiterer Schritt hin zur ökologischen Verkehrswende? Eine Studie der ETH zeigt auf, dass der verkehrsbedingte Energieverbrauch in Zürich-Stadt durch eine geschickte Vernetzung von Autos, ÖV und Velos um ein Viertel reduziert werden könnte. Die Effizienz des Verkehrssystems könnte zudem um elf Prozent erhöht werden, wenn der ÖV in ländlicheren Gebieten durch Sharing-Angebote substituiert würde. Vor allem die arbeitsbedingte Mobilität müsste überdacht werden, macht sie doch etwa ein Drittel aller Fahrten aus. Wenn MaaS-Plattformen in Zukunft besonders die Pendler*innen überzeugen können, werden Schadstoffemissionen signifikant reduziert.
In einer Zeit, in der die negativen Auswirkungen menschlicher Aktivitäten auf die Umwelt immer deutlicher werden, wird sich Mobility-as-a-Service noch weiterentwickeln müssen. Ähnlich wie bei einem Mobilfunkabo sind dann gewisse Leistungen inbegriffen. So kann ein Abo beispielsweise unbeschränkte ÖV-Nutzung, 150 Minuten Mietvelos und eine Stunde Taxifahrt enthalten.
Ob es in Zukunft gar ein uneingeschränktes Rundum-sorglos-Ticket geben wird und wir auch in Robooder Drohnentaxis steigen dürfen? Gut möglich.
Die Globalance-Sicht
Obwohl sich die bevorstehenden Umwälzungen in der Infrastruktur für Menschen und Waren seit Längerem angekündigt haben, überrascht die aktuell rasante Entwicklung von Soft- und Hardware und macht uns schwindlig. Nun müssen wir als Gesellschaft die Mobilität im öffentlichen Raum aktiv gestalten und diskutieren. Diese Debatte ist nicht eine rein technologische: Es gilt, die unterschiedlichsten Werte zu gewichten. Globalance gewichtet beispielsweise Sicherheit stärker als Geschwindigkeit. Und wir setzen uns für Kostenwahrheit ein.
Zum Glück verspricht Mobility-as-a-Service für alle viel Bequemlichkeit und tiefere Kosten. Und wenn es uns gelingt, die Umweltkosten auf intelligente Weise zu integrieren, resultiert auch eine natürliche Obergrenze des wünschenswerten «Konsums» an Transport und Bewegung.
Wichtig ist, dass wir durch einen offenen gesellschaftlichen und politischen Diskurs die Technologie in gewünschte Bahnen lenken.