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Wie die Natur inspiriert und die KI schützen kann

DAS SCHIER UNMÖGLICHE VERFOLGEN — Wer dies tut, bleibt entweder erfolglos oder knackt den Jackpot. Forschende auf der ganzen Welt arbeiten an Technologien, die heute kaum vorstellbar sind, jedoch ein riesiges Potenzial haben. Gewichtige Inspirationsquellen: die Natur und die künstliche Intelligenz.

Evolutionsbedingt können wir uns von der Natur noch einiges abschauen, ist doch das Tier- und Pflanzenreich so viel älter als wir Menschen und hat sich immer vorbildhaft an veränderte Umstände angepasst. Der Klettverschluss beispielsweise, den der Schweizer George de Mestral 1951 erfand, hat seinen Ursprung im Klettenlabkraut, dessen kleine Widerhaken de Mestral nach Waldspaziergängen mühsam aus dem Fell seines Hundes entfernen musste. Und die Fähigkeit der Lotusblume, Wasser und Schmutz abperlen zu lassen, hat sich die Industrie längst zunutze gemacht. Die Erkenntnis des deutschen Botanikers Wilhelm Barthlott, Oberflächen wie jene der exotischen Pflanze zu konstruieren, kommt heute unter anderem in Lacken und an Fassaden zum Einsatz.

Die noch junge Wissenschaft, die sich mit der technologischen Entwicklung am Vorbild der Natur befasst, nennt sich Bionik — eine Wortschöpfung aus Biologie und Technik.

Disruptionen werden erst als solche erkennbar, wenn sie Erfolge verzeichnen.

Die Cloud in einer Blume

Disruption, das heisst so viel wie drastische Veränderung. An die Stelle dessen, was uns bekannt ist, tritt etwas komplett anderes. Bevor sich neue Ideen flächendeckend durchsetzen, sind sie natürlich oft schwer vorstellbar. Disruptionen haben den undankbaren Stand, dass sie erst als solche erkennbar werden, wenn sie tatsächlich Erfolg verzeichnen. Einige aktuelle Projekte muten deshalb recht futuristisch an. So etwa der Data Garden von Cyrus Clarke und seinem Team. Sie haben einen Weg gefunden, Daten in ein biologisches Format umzuwandeln und auf diese Weise in Pflanzen einzusetzen. Digitale Daten, egal, ob es sich um eine Bilddatei, einen Text oder eine mp3-Datei handelt, können als binäre Bits (0 und 1) dargestellt werden. Diese sind laut Clarke in molekularer Form speicher- und als Flüssigkeit in Pflanzen injizierbar. Die schöne Vision: An die Stelle riesiger Rechenzentren, die weltweit bereits mehr CO2 verbrauchen als die Aviatik, sollen umweltfreundliche Gärten als Datenspeicher treten.

ChatGPT: Hilfestellung

Künstliche Intelligenz kann unter richtiger Verwendung in vielen Bereichen ein wahrer Gamechanger sein — auch in der Umweltwissenschaft. Welche Baumarten sollten gepflanzt werden, um ein Waldgebiet an den Klimawandel anzupassen? Wie kann die Abfallsortierung weiter optimiert werden, damit wir eine noch bessere Recyclingquote erhalten? Wie können sich nachfolgende Generationen besser auf die neuen Herausforderungen vorbereiten? Oder wie lässt sich der Güterverkehr noch klimaschonender gestalten? Fragen, auf welche die KI geeignete Antworten liefern kann — und das schnell, präzise und unter Berücksichtigung unvorstellbarer Datenmengen. Der «Generative Pre-trained Transformer» — aktuell wohl besser bekannt als ChatGPT — kann womöglich mehr, als nur Texte verfassen und spezifische Fragen beantworten. Das hochmoderne Modell zur Verarbeitung natürlicher Sprache (NLP) birgt in etlichen Branchen ein gehöriges Disruptionspotenzial. So beispielsweise im Bereich der Bildung: Khan Academy — eine kalifornische Non-Profit-Organisation, die kostenlos digitales Lernmaterial zur Verfügung stellt — zeigt mit ihrem KI-im Klassenzimmer-Ansatz wie GPT-4 zum Assistenten für Lehrende und zum persönlichen KI-gestützten Tutor für Schüler:innen werden kann. Derzeit wird noch viel gestritten, ob Teufelszeug oder Zukunftssegen. Vermutlich schlummert darin von beidem etwas. Doch mit der Fähigkeit, Texte zu verstehen, zu generieren und zu klassifizieren, kann ChatGPT zur Verbesserung von Nachhaltigkeitsbemühungen eingesetzt werden. Die Datenanalyse wird automatisiert und liefert Erkenntnisse, die sonst nur schwer zu entdecken wären.


Durch Analysen von Textdaten wie Regierungsberichten, Nachrichtenartikeln und wissenschaftlichen Beiträgen kann ChatGPT beispielweise zur Überwachung von Kohlenstoffemissionen oder der Veränderung biologischer Vielfalt eingesetzt werden. Denn in der Umweltforschung fallen oft extreme Datenmengen (Sensormesswerte, Satellitenbilder, Textdaten) aus verschiedenen Quellen an. Die Erkennung von Mustern und Trends in diesen Daten kann wertvolle Einblicke in bestehende oder eintretende Umweltprobleme liefern — und bestenfalls Lösungsansätze anbieten.

Positive Disruptionen entstehen nie aus nur einer Inspirationsquelle. Deshalb können wir weiterhin aus der Vergangenheit und von der Natur lernen, ohne die Augen vor den neuartigen Transformationen verschliessen zu müssen. Denn für die Bewältigung unserer Zukunftsherausforderungen können wir jede Hilfestellung brauchen.

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