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Schlüssel zur Resilienz

Prof. Dr. Jutta Heller, Expertin für individuelle und organisationale Resilienz über den Schlüssel zur Resilienz.

Das Thema «Resilienz» gewinnt gerade jetzt an Bedeutung – konnten Sie ein wachsendes Bewusstsein für das Thema erkennen?
In den letzten Jahren sind psychische Belastungen extrem gestiegen. Vor diesem Hintergrund ist das Bewusstsein für ein stärkeres Fokussieren auf diverse Unterstützungsfaktoren bereits gewachsen. Allerdings ist der blosse Fokus auf den Menschen und wie man diesen robuster und somit funktionsfähiger machen kann, ein zu kurz gegriffenes Verständnis von Resilienz. Sie ist sowohl beim Individuum als auch für das ganze Unternehmen, sprich bei der Werthaltung, den Prozessen und Strukturen einer Organisation wichtig

Sie sprechen von Unterstützungsfaktoren. Was meinen Sie damit konkret?
Mein Konzept arbeitet mit sieben Resilienz-Schlüsseln für das Individuum, für Unternehmen sind es deren neun. Einer davon behandelt das Thema Akzeptanz, also die Fähigkeit, Vergangenes, das sich nicht mehr ändern lässt, annehmen zu können. Auch Optimismus als grundsätzliche Haltung, in Kombination mit einem positiven Bewertungsstil, ist ein zentraler Aspekt. Es ist förderlich für eine Unternehmenskultur, Dinge nicht nur kritisch anzugehen. Hierfür braucht es vor allem eine entsprechende Führungsstruktur, die auf Vertrauen basiert.

Inwieweit verändert sich die Bedeutung von Resilienz in Zeiten zunehmender Digitalisierung und neuer Innovationen?
Für das Individuum heisst Resilienz, dass wir uns innerlich gut steuern und mehr auf stabilisierende Faktoren fokussieren können. Organisationale Resilienz bedeutet, eine Krise abzufedern und sich Veränderungen anzupassen, um zu gedeihen. Also in schwierigen Zeiten den Fokus auf das Vorantreiben setzen, vielleicht sogar gezielt investieren, statt zu reduzieren. Denn genau dort entsteht Innovation.

„Überinformation führt dazu, die eigenen Ängste zu schüren.“

Was kann die Gesellschaft tun, um mit Veränderungen besser umzugehen?
Die Frage ist, wie wir Menschen mit unseren Ängsten umgehen. Es ist wichtig, sich über eine Situation zu informieren, um zu wissen, wie man sich verhalten soll. Überinformation führt allerdings eher dazu, die eigenen Ängste zu schüren. Es geht darum, eine innere Regulation zu finden. Klare Tagesabläufe helfen und vermitteln Sicherheit. Wer dazu den Fokus auf das Positive richtet, erlangt einen guten, produktiven Zustand. Es hilft, kleine Momente zu gestalten, die wir kontrollieren können, wenn Sachen passieren, die ausserhalb unseres Kontrollbereichs liegen. Das kann eine Kaffeepause sein, die man bewusst schafft und wahrnimmt.

Wie können Unternehmen ihre Resilienz stärken? 
Es beginnt zunächst bei den Führungskräften. Wichtig ist, dass sich die Geschäftsleitung mit dem Thema auseinandersetzt, sich mit diesen Werten identifiziert und diese repräsentiert. Es muss ein Bewusstsein für potenzielle Veränderungen geschaffen werden.

Auch Staaten sehen sich ständigen Veränderungen ausgesetzt. Wie ordnen Sie in diesem Zusammenhang Resilienz ein?
Der «Global-Resilienz-Index» misst u.a. verschiedene Faktoren zum Thema Lieferketten. Er gibt auch Aufschluss darüber, wie stark die Wirtschaft eines Landes auf Ressourcen wie Öl angewiesen ist, seine Gesellschaft urbanisiert ist oder wie gross das Risiko von Naturkatastrophen ausfällt. Aus der Erkenntnis, dass komplett globale Lieferketten eher schlecht funktionieren, könnte resultieren, dass wir in Zukunft wieder vermehrt regionaler denken, um künftig widerstandsfähiger zu sein

In welchem Zusammenhang stehen für Sie Resilienz und Nachhaltigkeit?
Die beiden Begriffe passen wunderbar zusammen. Nachhaltigkeit ist per Definition das Handlungsprinzip zur Ressourcennutzung, bei dem eine dauerhafte Bedürfnisbefriedigung durch die Bewahrung der natürlichen Regenerationsfähigkeit der beteiligten Systeme gewährleistet werden soll. Resilienz ist im Grunde nichts anderes, auch hier wird auf die eigene Ressourcenstärkung fokussiert.

Prof. Dr. Jutta Heller

befasst sich seit 2007 intensiv mit dem Thema der Resilienz. Als Beraterin, Trainerin, Rednerin und Autorin begleitet sie Unternehmen, Führungskräfte und Teams bei der Umsetzung von Veränderungsmassnahmen und unterstützt mit Resilienz-Coachings deren «Stehauf-Qualitäten».