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Mit der Kreislaufwirtschaft in die Zukunft

Denkt rund!

Das Wissen um die Endlichkeit unserer Ressourcen bringt die alte Ordnung ins Wanken: Nach Stimmenverlusten bei der letzten Europawahl entdecken auch die etablierten Parteien den Klimaschutz für sich. Dazu gehört die Kreislaufwirtschaft, in der viele Unternehmen mit äusserst innovativen Ideen aufwarten. 

Kreislaufwirtschaft in Kürze: Regenerieren und Rückführen statt Verlieren

Quelle: Kate Raworth

Aber was ist einfach nur Marketing, und was ein wirklich geschlossener Materialkreislauf?

Nachdem Sie Ihren Müll sortiert haben, gönnen Sie sich einen Fair-Trade-Kaffee. Das Kaffeepulver kommt natürlich nicht in den Müll, sondern wandert direkt ins Beet, wo es als Dünger Ihre Pflanzen erfreut.
Wenn doch alles das Öko-Ego so beruhigen würde wie das Recyceln. Und tatsächlich, es geht noch mehr: Wollen Sie vielleicht mal am ersten «Cradle-to-Cradle» (C2C) zertifizierten Parfum PuraVita schnuppern?

Vorher ist das neue Nachher

Das C2C-Prinzip haben der US-amerikanische Architekt William McDonough und der deutsche Chemiker Michael Braungart ausgearbeitet, als Gegenentwurf zum linearen Kaufen-Nutzen-Wegwerfen. Idee ist es,
Produkte von Anfang an so zu entwickeln, dass erst gar kein Teil davon zu unbrauchbarem Müll wird, sondern alles in einem durchgängigen Kreislauf bleibt: in einem biologischen, wie z. B. ein giftfreies und
vollkompostierbares T-Shirt der Firma Trigema, oder in einem technischen, wie der Bürostuhl von Steelcase, bei dem alle Einzelteile weiter verwendet werden können

Die Kreislaufwirtschaft inspiriert kleine, grosse, etablierte und neue Unternehmen. Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Xinhua von 2016 landen in China jährlich 26 Millionen Tonnen Textilabfälle auf dem Müll. Doch inzwischen formiert sich eine Gegenbewegung zur «Fast Fashion».So bietet zum Beispiel die Firma YCloset ein Online-Fashion-Abo an: Die wachsende chinesische Mittelschicht kann für kleines Geld eine Vielzahl an Styles ausprobieren und nach Gebrauch wieder zurückgeben. Die hohe Nutzungsrate reduziert Abfall, schont Ressourcen und Umwelt.

Und schon gehört? Rund 15 Millionen Tonnen Kopfhörer landen weltweit jährlich auf dem Müll. Jetzt abonnieren die Hipster Kopfhörer bei Gerrard Street. Das britische Start-up fertigt diese im modularen System. So kann individualisiert, technisch aufgerüstet oder schnell repariert werden.

Im Apple-«Material Recovery Lab» forschen Ingenieure mit Hochschulen nach neuen Wegen in der Circular Economy.

Der Abfall-Apple ändert alles

Apple erfindet sich mal wieder neu. Zum aktuellen Erscheinen seines Umweltberichts liefert das Unternehmen interessante Neuigkeiten. Dank «Daisy», einem Roboter, der in einer Stunde 200
gebrauchte iPhones zerlegt, konnten 48’000 Tonnen Elektronikschrott wiederverwertet werden.
Good News auch beim Thema Aluminium: Das Gehäuse der neuen Mac Mini und Macbook Air besteht aus 100 Prozent recyceltem Aluminium – eine Halbierung der CO2-Werte gegenüber den Vorgängermodellen.

Dass das Thema Circular Economy mehr als ein kurzlebiger Hype ist, zeigt auch das von Apple jüngst eröffnete «Material Recovery Lab». Hier forschen Ingenieure gemeinsam mit Hochschulen nach neuen Wegen in der Kreislaufwirtschaft.

Acht Rohstoffe* sind verantwortlich für:

* Stahl, Aluminium, Plastik, Zement, Glas, Holz, Anbaukulturen, Rinder
Quelle: Circular Economy, Ecoflys & WBCSD

Bald mehr Plastik als Fische

In einem Cartoon fragt eine Frau den Verkäufer nach einer Plastiktüte für den Fisch. Der gibt zurück: «Die Plastiktüte ist schon im Fisch enthalten.» Kein Scherz: 2050 könnte gewichtsmässig mehr Plastik als Fische in unseren Ozeanen schwimmen.

Jede recycelte Plastikflasche ist die bessere Flasche: 20 Prozent weniger Luft – und 50 Prozent weniger Wasserverschmutzung ist die Bilanz gegenüber einer neuen herkömmlichen Flasche. Das weiss auch die New Plastics Economy. Ihre 290 Mitglieder, vom Verpackungsproduzenten bis zum Lebensmittellieferanten, produzieren 20 Prozent der weltweiten Plastikverpackungen.

Auf drei Punkte hat man sich verständigt:

  1. «Eliminate»
    Weglassen, wo Plastik nicht gebraucht wird.
  2. «Innovate»
    Bis 2025 sollen alle Plastikverpackungen kompostierbar sein oder anderweitig wiederverwertet werden können.
  3. «Circulate»
    Produziertes Plastik soll nicht als Müll in der Umwelt landen, sondern in einem Wirtschaftskreislauf bleiben. Die Europäische Kommission prognostiziert, dass Kreislaufwirtschaft bis 2030 Ersparnisse von 600 Mia. EUR sowie zwei Mio. neue Jobs bringen könnte. Ökonomischer Unsinn und spassbefreiter Verzicht sehen anders aus. Denken wir also rund.

GLOBALANCE FOOTPRINT

Kreislaufwirtschaft wird zu einem Wettbewerbsvorteil:

80 Prozent des Abfalls entstehen im Kopf. Zum Beispiel, wenn das Design nicht darüber nachdenkt, ob Materialien später einfach getrennt und recycelt werden können.

Aber es formiert sich eine neue Denkrichtung: Technologische Innovationen treffen auf neue Geschäftsmodelle, und die lineare (verschwenderische) Wirtschaft wird revolutioniert. Der bekannte Begriff Rezyklieren bezeichnet zwar ein Prinzip der Kreislaufwirtschaft, wird jedoch deren transformativer Kraft nicht gerecht:

Firmen erfinden ihr Geschäft neu. Produkte werden nicht verkauft, sondern vermietet. Das Sammeln und Zurücknehmen ist Konzept und bringt neue Wertigkeit in die alte
Wegwerfgesellschaft.

GLOBALANCE ZUKUNFTBEWEGER

Erfolgreiche Unternehmen verstehen Herausforderungen als Chance für Innovation. Der Rest ist reine Ökonomie: Wer weniger Ressourcen verbraucht, verdient mehr.

Eliminate: Unilever N.V., die weltweite Nummer vier der Verbrauchsgüterhersteller, will bis 2030 die Umweltbelastungen der hauseigenen Produkte halbieren. Das Unternehmen ist auf Kurs: Das Gewicht der eingesetzten Kunststoffverpackungen wurde bereits beinahe um ein Drittel reduziert. Bei einem Jahresumsatz von 50 Mia. EUR fällt das deutlich ins Gewicht.

Innovate: BioMason – Ein private Start-up aus den USA krempelt das Baugewerbe um: Es hat klimafreundliche Ziegel erfunden. Diese werden nicht im Feuer gehärtet, sondern von Bakterien aus Sand gebaut – ganz ohne CO2-Ausstoss. Das Einsparungspotenzial ist riesig: Ganze 800 Mio. Tonnen CO2 gehen auf das Konto der weltweiten Ziegelproduktion.

Circulate: Black Bear Carbon – Weltweit werden pro Jahr eine Milliarde Autoreifen entsorgt und der Kreislaufwirtschaft entzogen. Das holländische Unternehmen Black Bear Carbon ist ein Technologiepionier im Upcycling von Altreifen. Bei Verwertung aller verfügbarer Altreifen würde der jährliche Ölverbrauch um 215 Mio. Barrel sinken.