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Der städtische Lebens(t)raum – Wie aus Grau Grün wird

DER TREND ZUR VERSTÄDTERUNG GEHT WEITER — daran besteht kein Zweifel. Genauso wenig wie an den Auswirkungen des Klimawandels. Das weitere Vorgehen scheint daher alternativlos: unsere Städte müssen nachhaltiger werden. Doch wie schaffen wir mehr Biodiversität im Siedlungsraum, wie gewinnen wir Strom und wo speichern wir eigentlich das Wasser?

Der Anblick begrünter Hausfassaden ist nicht mehr neu. Die vertikalen Wälder spriessen weltweit aus dem Boden. Inmitten zugebauter Metropolen sind sie die wohl symbolträchtigsten Beispiele für den grünen Umbau. Doch Biodiversität im Siedlungsraum geht auch kleiner — aber nicht minder wirkungsvoll.

Fünf Bäume für die Artenvielfalt

Unversiegelte Boden und untereinander vernetzte Grün- sowie Gewässerräume tragen zu einer funktionsfähigen ökologischen Infrastruktur bei. Das erkannte auch der Schweizer Bund und erarbeitet Musterbestimmungen für mehr Biodiversität und Landschaftsqualität. Ein Vorhaben, welches das japanische Bauunternehmen Sekisui House bereits seiteinigen Jahren mit seinem ≪Gohon noki≫-Projekt (≪Fünf Baume≫-Initiative) vorantreibt. Um dem Verlust von Flora und Fauna entgegenzuwirken und die Artenvielfalt zu erhalten, pflanzt Sekisui House für seine Nutzer fünf einheimische Bäume — drei für Vogel und zwei für Schmetterlinge. Auf diese Weise wurden bereits mehr als 17 Millionen Bäume gepflanzt, die sich ideal an das örtliche Klima anpassen und Tierarten ein Zuhause bieten. Mit dem ≪Gohon no ki≫-Konzept hat das Unternehmen die städtische Begrünung in ganz Japan gefordert. In Zusammenarbeit mit mehreren Universitäten erarbeitete Sekisui House eine quantitative Bewertung seiner netzwerkartigen Begrünung. Das Ergebnis? Beeindruckend! Die Zahl der einheimischen Baumarten hat sich in den drei grossen Metropolregionen Japans verzehnfacht. Die Zahl der Vogelarten, die Wohngebiete anziehen können, hat sich verdoppelt; beiden Schmetterlingsarten hat sich die Anzahl sogar verfünffacht. Grün in die Höhe kennen wir, Grün in die Breite nun aber auch.

Grün in die Höhe kennen wir, grün in die Breite nun aber auch.

Schritt für Schritt zur etwas anderen Stromerzeugung

Je hoher die Bevölkerungszahl, desto grösser die Nachfrage nach Strom. Soweit, so logisch. Doch wie bewältigen wir die Energieversorgung in immer weiterwachsenden Megacitys? Geht es nach dem Umweltwissenschaftler Vaclav Smil, dann ist Dezentralisierung das Zauberwort. Statt die Energie aus grossen, zentralen Stationen zu gewinnen, sollte die Stromerzeugung vor Ort, in kleinerem Massstab erfolgen. Fotovoltaikanlagen& Co. sind selbstverständlich geeignete Optionen. Für eine positive Zukunftsgestaltung darf aber gerne auch einmal ausgefallener gedacht werden. In diesem Fall mit Kinetik-Fliesenaus Hartgummi. Mit ebendieser Innovation des englischen Unternehmens Pavegen entsteht beim Laufen Strom. Werden die Fliesenausgelegt, wie beispielsweise in mehreren britischen Bahnhöfen und im Londoner Flughafen Heathrow, wird durch den Druck eines Schrittes auf eine elektromagnetische Spule Stromproduziert. Das reicht bisher für den Betrieb der Bildschirme und Handy-Ladestationen. Stand heute ist die Technologie noch recht teuer — ein Quadratmeter Fliesen kostet im Schnitt EUR 5’000. Auch die Energieerzeugung pro Person und Fliese lasst mit 8 Watt noch etwas zu wünschen übrig, weshalb diese Vorrichtungen vor allem an stark frequentierten Orten Sinn ergeben. Doch auch dieser Aufgabe nimmt sich Pavegen an und richtet ein Forschungslabor ein, um die Fliesen nachhaltiger, preiswerterund energieeffizienter herzustellen.

Von der «Schwammintelligenz» profitieren?

Regenwasser galt lange Zeit als Abwasser. Viele Städte wurden daher in der Vergangenheit so konzipiert, dass Regenwasserschnellstmöglich abgeleitet wird. Das soll sich nun ändern. Was in Kopenhagen schon vorangetrieben wurde, soll auch in Berlin Realität werden— der Umbau zur Schwammstadt. Der Grundgedanke: Die Hauptstadtsoll Regenwasser wie ein Schwammspeichern, um in Zukunft Regenfluten und Dürreperioden zu trotzen. Der Niederschlagsoll nicht langer durch die Kanalisation verschwinden, sondern an Ort und Stelle eingesammelt werden. Bei neuen Quartieren wird dieses Vorgehen immer häufiger zum Usus. So wird beispielsweise auf dem Gelände des ausgedienten Flughafens Tegel eine Siedlung mit 5’000 Wohnungen im Schwammstil errichtet. Ein weiterer Meilenstein ist der Bau Europas grösster Zisterne bis 2025.Bereits bestehende urbane Räume sind meist noch mit Beton versiegelt —allein in Deutschland sind es derzeit44 Prozent der Siedlungsflachen. Nebst gezielter Entsiegelung empfiehlt der Berliner Landschaftsarchitekt und Namensgeber der Schwammstadt Carlo Becker das ≪Huckepackprinzip≫: Werden im Zuge von Bauarbeiten sowieso Strassen aufgerissen, konnten direkt Rinnen und Mulden zur besseren Versickerung eingeplant werden. Gelingt es, 25 — 30 Prozent der Stadt von der Kanalisation abzukoppeln, kann der Traum vom Schwamm entstehen, was Berlin helfen wird bei Hitze, Dürre und Unwettern kühler zu bleiben. Damit Min-Suh In-Tak, die Architektin und Stadtplanerin aus dem Artikel ≪Unser Lebensraum im Jahr 2033≫ in zehn Jahren tatsachlich von den immergrüner werdenden Smart Citys schwärmen kann, braucht es eben diese Entwicklungen und aussergewöhnlichen Pioniergeist.

Berlin soll Regenwasser wie ein Schwamm speichern.

Die Globalance-Sicht

Urbanisierung ist gewissermassen ein Supermegatrend: Kein anderes Thema sitzt an der Schnittstelle so vieler Megatrend-Themen wie die Verstädterung. Hier treffen die Herausforderungen von Klima und Energie, neuer Mobilität, Digitalisierung, Ressourcenverknappung und urbanem Konsumverhalten auf engstem Raum aufeinander. Entsprechend vielseitig sind auch die Anlagemöglichkeiten, die von urbaner Infrastruktur, energieeffizienten Immobilien, städtischer Mobilität bis hin zu Sicherheitskonzepten und Vertical Farming reichen. Aus Anlegersicht ebenfalls interessant ist die geografische Dimension, die das Thema mit sich bringt. Aktuell finden sich die Top 10 der dichtesten Megacitys in Japan, Indien, China, Bangladesch, Brasilien, Mexiko und Ägypten.

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