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Die virtuelle Parallelwelt

Ein Hype oder gekommen, um zu bleiben?

Vor etwas mehr als 30 Jahren wurde das Internet erstmals zur kommerziellen Nutzung freigegeben. Für viele von uns vor gar nicht allzu langer Zeit. Von der digitalen Warte aus betrachtet, ist es aber mindestens ein Sprung ins Mittelalter. Denn zwischen dem unangenehmen Modemgeräusch beim Einwählen aus den 90er-Jahren und der Entstehung virtueller Parallelwelten liegen technologische Quantensprünge.

Mit Second Life versuchte man bereits 2003, eine Online-Welt zu errichten. In der damaligen Sturm-und-Drang-Zeit, um im digitalen Epochen-Kontext zu bleiben, fehlte es aber noch an der technologischen Ausstattung. Inzwischen ist der Werkzeugkoffer für den Aufbau des Metaverse bestens bestückt. Die Blockchain-Technologie als digitales Grundbuch, VR-Lösungen für ein realitätsnahes Erleben, NFTs als eine Art digitaler Eigentumsnachweis und virtuelle Coins als Zahlungsmittel sorgen heute für bessere Erfolgsaussichten.

Geht der Metaverse-Boom weiter?

Die Gaming-Industrie haucht den digitalen Parallelwelten seit geraumer Zeit Leben ein. Die Online-Plattform Roblox verzeichnet bereits heute 164 Millionen aktive Spieler*innen pro Monat. Doch in den virtuellen Welten wollen wir künftig nicht nur spielen, sondern auch wohnen, einkaufen, Freunde treffen, durch Galerien schlendern und Modenschauen besuchen. Laut der Boston Consulting Group wird sich das globale Marktvolumen für Virtual-Reality-Anwendungen und -Geräte in den nächsten drei Jahren auf USD 297 Milliarden verzehnfachen. Der weltweite Metaverse-Markt soll nach Prognose von Global Industry Analysts bis 2026 sogar auf USD 758.6 Milliarden anwachsen.

Kein Wunder herrscht derzeit eine regelrechte Goldgräberstimmung. Auf den zwei grössten 3-D-Plattformen Decentraland und Sandbox werden gegenwärtig virtuelle Grundstücke verkauft und das lassen sich Investor*innen einiges kosten. Unlängst wurde ein Stück «Land» für den Rekordpreis von USD 4.3 Millionen in der Sandbox erworben.

Wie auch im wahren Leben ist der Standort entscheidend und deshalb mischen schon jetzt die grossen Player mit. Adidas kaufte im vergangenen Jahr ein Grundstück und auch Nike benötigt virtuelle Schaufenster an bester Lage für seinen Metaverse-Sneaker – denn scheinbar muss man auch dort chic gekleidet sein. Aus «Kleider machen Leute» wird offensichtlich «Kleider machen Avatare».

Auch die Kunstwelt ist anscheinend mit Bravour im Metaverse angekommen. Das Auktionshaus Sotheby’s hat in Decentraland eine Niederlassung eröffnet und einen NFT für USD 500’000 verkauft.

Eine etwas andere Shoppingtour

Physische Distanz gibt es im Metaverse nicht. Sie können sich mit Freund*innen treffen und mit ihnen durch virtuelle Shoppingmalls schlendern, ohne am selben Ort sein zu müssen. Ihr persönlicher Avatar kann Kleidung anprobieren und sich von den eigentlich weit entfernten Bekannten beraten lassen. Wer es gerne exklusiv hat, schaut sich beim Start-up The Dematerialised um. Auf der Plattform für digitale Luxusprodukte hat die niederländische «Virtual Couture»-Marke Fabricant bereits ein virtuelles Kleidungsstück für EUR 9’000 verkauft.

Es handelt sich hierbei aber keinesfalls um materielle Kleidungsstücke oder Accessoires, die Sie physisch tragen können. Lediglich Ihr virtuelles Ich kann sich mit dem neuen Eigentum schmücken. Sie kaufen folglich Computerdateien, sogenannte NFTs, deren Echtheit über die Blockchain verifiziert werden. Was befremdlich klingen mag, findet dennoch Anklang. Unternehmen wie Republic Realm, die sich jüngst in Decentraland eingekauft haben, bauen ein digitales Einkaufszentrum namens Metajuku. Inspiriert vom Tokioter Stadtteil Harajuku, welcher für ausgefallene Mode bekannt ist, entsteht auf 16’000 Quadratmetern eine digitale Ladenfläche. Bezahlt wird mit virtuellen Coins. Jede Plattform nutzt unterschiedliche Metaverse-Tokens wie MANA-Tokens oder die Kryptowährung SAND.

Es wurde bereits ein virtuelles Kleidungsstück für 9’000 Euro verkauft.

Steigen die Besucherzahlen, erhöhen sich die Erfolgschancen

Das Metaverse ist für viele noch ein Hirngespinst. Genau dies könnte in den Augen der Investor*innen zum Erfolg führen. Denn für Unternehmen wurde eine riesige Spielwiese errichtet, die zum Bepflanzen neuer Geschäftsmodelle einlädt. Wenn immer mehr Besucher*innen das Metaverse als zusätzlichen Raum für Arbeit und Freizeit nutzen, können funktionierende Wirtschaftssysteme entstehen. Auch der Handel zwischen den «verschiedenen» Welten ist laut Expert*innen denkbar.

Das Metaverse-Vokabular

Metaverse
Ein digitaler Raum, welcher durch die Annäherung virtueller, erweiterter und physischer Realität entsteht.

Metaverse-Token
In den virtuellen Welten werden Käufe mit diesen Coins (Kryptowährungen) getätigt.

Non-Fungible Token (NFT)
Ein fälschungssicherer, nicht austauschbarer digitaler Vermögenswert. Der in der Blockchain gespeicherte Token macht ihn einzigartig, unveränderbar und rückverfolgbar.

Blockchain
Die dezentral organisierte Datenbank registriert fortwährend Informationen, die in Datenblöcken gespeichert werden. Die festgeschriebenen Datenblöcke können weder verändert noch gelöscht werden.

Virtual Reality (VR)
Eine durch spezielle Hard- und Software erzeugte künstliche Wirklichkeit.